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Nico Unglaubliche Abenteuer des Kleinen Drachen

Автор:
Элеонора Шах
Nico Unglaubliche Abenteuer des Kleinen Drachen

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Autorin: Eleonora Shah

Redakteurin: Anna Zemljanski

Illustrator:

Viktoria Tseluyko

Nico

Unglaubliche Abenteuer des kleinen Drachen

Eines Tages vor langer langer Zeit, gab es inmitten der Vielfalt von Sternen und Planeten des Universums, eine Passage zu unzählbar vielen Welten, auf denen eine Fülle höherer Wesen lebte.

Im Laufe der Zeit kamen aus diesen Welten verschiedenste Vertreter auf unseren Planeten. Die Erde zog sie schon immer an, wegen ihre blauen Farbe, welche die unendlichen Weiten der Ozeane dem Planeten gegeben hatten. Die verschiedenen Tiere, und Pflanzen, welche die Erde belebten, löste bei den außerirdischen Besuchern Bewunderung und Erstaunen aus. Sie nannten unseren Planeten Kitur, was in ihrer Sprache „ein blauer Planet“ bedeutete.

Aber mit der Zeit lösten sich die Welten der höheren Wesen in einzelne Teile auf, die sich so sehr von einander entfernten, dass den Bewohnern nicht mehr nach der Schönheit unseres erstaunenswerten Planeten war. Doch, einige Angehörige jener Welten liebten den Planeten Kitur so sehr, dass sie nicht auf einen Besuch verzichten konnten.

Dies waren die Drachen. Während die Welten der Höheren Wesen zerfielen, hatten sie für sich einen kleinen, der Erde nahe liegenden Planeten namens Atalanta auserkoren, der aus in der Luft segelnden Inseln bestand…

Lera, diesen Text müssen wir besprechen, ist in deutsch unverständlich…

Das große Leimader


…die große Stadt Leimader segelte zwischen schneeweißen Wolken. Sie befand sich auf der größten der Inseln, auf Atalanta, und war märchenhaft schön und reich. In ihrer Mitte stand ein blendend schönes Schloss mit zahlreichen schneeweißen Türmen, die mit übergoldetem Dachstein bedeckt waren. Die Fenster des Schlosses waren aus buntem Glas und bei hellem Sonnenschein funkelten sie in strahlendem Farbenspiel.

Von der Ferne sah das so aus: aus der Mitte einer riesigen in der Luft schwebenden Insel ragte das Schloss des Königs. Unterhalb des Schlosses die Stadt, danach die Felder und Gärten und auf den Randgebieten der gesamten Insel befanden sich Häuser.

Um die Insel herum, gab es einen kristallklaren See der mit Lotos bedeckt war. Über ihm segelten viele Inselchen mit reicher Vegetation und von diesen flossen Wasserfälle direkt in den See. Auf jedem dieser Inselchen gab es ein oder sogar mehrere Häuser.

Die Bewohner von Atalanta waren überglücklich: sie waren in der Lage, sich selbst von jeder Krankheit zu heilen, einige von ihnen konnten die Gedanken der Menschen lesen und in die Zukunft sehen und zu alledem, lebten sie bis zu tausend Jahre lang.

Der fruchtbare Boden, der in der Luft schwebenden Gärten, gab drei Mal im Jahr Früchte, süß wie Honig: herrliche Äpfel, Birnen, Pfirsiche. Das Ernteaufkommen ließ das ganze Jahr über nicht nach, denn auf den Feldern und Gärten von Atalanta blühte es auf einem Platz, während auf dem anderen Früchte erschienen und auf dem dritten bereits geerntet wurde.

Zwischen Nussbäumen befanden sich Lauben und Brunnen. Die Früchte dieser Bäume gaben den Kriegern viel Kraft und aus ihren harten Schalen machten Handwerker schönen Schmuck und Spielzeug für die Kleinen. Überall ertönte Musik, Lachen und Gesang. Allerlei Blumen füllten die Luft mit angenehmen Aromen. An Feiertagen streute man die Straßen mit Blüten. Auf den Feldern und in den Gärten wuchsen Kräuter, aus denen verschiedene Arzneien und Gewürze zubereitet wurden. Die Erde der Inseln war voll mit Edelsteinen. Aber keiner der Bewohner machte darum viel Aufhebens.

Natürlich viel in der Welt der Drachen, genauso wie in jeder anderen Welt, auch manchmal etwas vor, aber unangenehme Zwischenfälle waren eher eine Ausnahme im ruhigen Leben des Drachenvolkes.

Neben der schönen Natur besaß die Stadt Leimader außergewöhnlich fortgeschrittene Technologien, die auf dem Planeten Kitur noch nicht bekannt waren.

Diese ganze Welt regierte König Nait. Er war seit langer Zeit seinem Volk ein gutes Oberhaupt. Sein ganzes, langes Leben widmete Nait den zahlreichen Kindern seines Volkes. Er verdiente die Liebe und den Respekt der Untertanen durch gute Taten und sie wünschten ihm von Herzen Glück, Gesundheit und Langlebigkeit.

Nait war ziemlich groß – etwa drei Meter – und hatte einen massiven Körperbau.

Er war von schneeweiß-himmelblau-grauer Farbe und ganz überzogen mit goldenen Mustern.

Während seines langen Lebens, war auf seinem Körper ein silbriges Fell gewachsen und alle Kinder strebten danach mit ihm zu kuscheln – der Drache ist so weich geworden! Nie wies König Nait eines der zahlreichen Kinder zurück.

Über seinen Augen wuchsen, wie Büschel, zwei üppige Augenbrauen, er hatte einen silbrigen Schnurrbart und ein Bart mit gekonnt geflochtenen langen Zöpfen umrahmte seine Schnauze.

Die Stirn des Königs schmückte ein dunkelblauer Edelstein. Ähnliche Steine, in verschiedenen Farben, trugen alle Drachen die zum Hochadel von Leimader gehörten. Auch die königlichen Wachen hatten solche Edelsteine. Diese ermöglichten es ihnen sich, falls es in der Welt der Menschen auf dem blauen Planeten nötig wurde, unsichtbar zu machen. Außerdem gab ein solcher Stein seinem Besitzer zusätzliche Kraft. Jeder Stein, der die Stirn eines Drachen schmückte, war energetisch mit dem größten Schatz von Atalanta – dem Stein des Lichtes, einem heiligen Kristall -verbunden und dieser ermöglichte es den Drachen, den Planeten Kitur zu besuchen.


Der König beschließt zu heiraten



Als das Alter des Königs die Sechshunderterschwelle überschritten hatte, verkündete er endlich heiraten zu wollen.

Luna war eine junge, wunderschöne, vierhundert Jahre alte Drachin. Dies war das passendste Alter für eine Ehe und Luna besaß Intelligenz und Schönheit in vollstem Ausmaß.

Sie war hauptsächlich hellgrün, mit etwas gelb auf dem Bauch. Sie hatte einen schlanken Körper mit langem Hals und Schwanz und ihre Brust sah so aus, als ob ein Muster aus Mosaik darauf gelegt worden war. Ihre wunderschönen Augen, die die Farbe von Malachit hatten und in geheimnisvollem Glanz leuchteten, verzauberten jeden der hinein blickte. Ihre Augenbrauen und Hörner bildeten zwei ziemlich lange, dünne Fühler, die an den Spitzen gelbe Federquasten hatten, genauso wie ihr Schwanz. Ihre anmutigen Flügel bedeckte kleines Gefieder.

Es gab eine prächtige Hochzeitsfeier. Es schien fast so, als ob das königliche Schloss durch das Lächeln der zahlreichen Gäste noch heller leuchtete. König Nait und seiner Ehefrau wurden viele teure und schöne Geschenke überreicht und der Hofsterndeuter schenkte ihnen eine Karte der Sterne – ein großer Spiegel in einem filigranen Rahmen, in dem alle Sterne sowie das neue Sternbild der zwei Drachen – einer etwas größer als der andere, zu sehen war. Mehrere Tage lang verstummte die Sphärenmusik nicht und nachts erreichte sie sogar die Erde. Es war möglich diese zu hören, wenn man etwas weiter hinaus in die Felder ging, wo der Lärm der Stadt kaum hörbar war und die himmlische Musik nicht dämpfte.

Kurz vor der Hochzeit fragte König Nait seinen alten Freund den Hofmagier, der Tendar hieß, vorauszusehen was ihn, den König in der Zukunft erwarte.

…Im Turm, in dem er sich mit Wissenschaft und Wahrsagungen beschäftigte, führte Tendar seinen Finger über eine Schale und betrachtete darin schwimmende Blumen, Blütenblätter, Rinde und Zweige.

„Mein Herr“ sagte er, in die Schale mit Wasser starrend, „Die Vorhersage lautet, dass Ihr sehr glücklich mit Eurer Ehefrau sein werdet.“

Auf dem Gesicht des Königs lag ein zufriedenes Lächeln. Tendar war seit Jugendtagen ein guter Freund König Naits, sie waren fast gleich alt. Während der zukünftige König in der Akademie für Adlige studierte, schlug Tendar eine andere Richtung ein und folgte den Fußspuren seines Großvaters, von dem er die Gabe der Vorhersage geerbt hatte. Während der ganzen langen Zeit die Tendar Magie studierte und alles was damit verbunden war, trug er all seine Kenntnisse in ein riesiges Buch ein, das nun auf einem speziellen Podest lag.

Viele adlige Frauen hatten sich dem jungen Propheten gegenüber aufmerksam gezeigt. Er aber stürzte sich in die Ausbildung seiner Fähigkeiten und blieb so ledig. Sogar jetzt, nach Jahrhunderten, konnte man seine frühere, männliche Schönheit sehen. Er war nicht besonders groß, etwas mager, sogar drahtig, mit einem purpurfarbenem Körper, der samtig zu sein schien. Er hatte eine hellgrüne, flauschige Mähne von der Stirn bis zum Schwanz, welche in einer flauschigen Quaste endete.

Tendars ganzer Körper war mit dunkelblauen Mustern überzogen. Seine Hörner hatten die gleiche blaue Farbe und er hatte extralange Ohren. Seine Schnauze war etwas langgezogen, so wie sein restlicher Körper. Wegen der dunklen Farbe seiner Augen, war es schwierig zu sehen in welche Richtung er blickte.

Auf seiner Stirn schillerte ein hellgrüner Stein. Die Flügel des Drachens waren ziemlich dünn und ein bisschen durchsichtig, sie waren außen rot und innen blau.

Seinen kurzen Bart streichelnd, sprach der Wahrsager:

„Hier, seht mein Herr!“

Tendar zeigte mit seinem Finger auf drei Blütenblätter, die zwei flauschige Blumen formten.

„Das sind Eure Kinder. Insgesamt drei und alle sind Jungen.“

„Bist du sicher?!“, rief Nait erstaunt aus.

„Ja, Eure Majestät. Seht Ihr wie sie ausgebreitet sind?“, der Wahrsager deutete mit der langen Kralle eines Fingers. „Der untere Teil der Blütenblätter liegt zur Außenseite hin, dies spricht eindeutig für das männliche Geschlecht.“

Der König starrte in die Schale und betrachtete skeptisch in welche Richtung die Gerberablüten zeigten.

 

„Das wäre gut.“, sagte er nachdenklich und sein Blick ruhte einige Momente auf dem Wahrsager. „Sag mir, mein lieber Freund Tendar, werden meine Söhne gesund und glücklich sein?“

Der Wahrsager verrührte mit der gleichen langen Kralle das Wasser in der Schale, schüttelte die Tropfen vom nassen Finger und wartete bis die Wasseroberfläche sich legte und alle schwimmende Gegenstände ihre Plätze eingenommen hatten, um eine neue Vorhersage zu formen. Der König blickte auf die Wasseroberfläche und beobachtete, wie sich seine „Kinder“ in alle Richtungen zerstreuten.

Aber nun erstarrte die Wasserlandschaft. Tendar betrachtete aufmerksam die Lage der Blütenblätter und begann erneut, diesmal mit langgedehnten Worten zu sprechen:

„Eure Kinder Majestät, werden zweifellos viele Jahre gesund und munter sein. Aber…“

Es folgte eine Pause.

„Aber wenn sie erwachsen und reif sind, wird zwischen ihnen sehr wahrscheinlich ein Kampf um den Thron ausbrechen.“

Der Wahrsager wandte den Blick auf seinen Freund, abwartend wie dieser wohl auf das Gesagte reagiert. König Nait runzelte die Stirn.

„Das ist zu erwarten wenn man bedenkt, dass es drei Söhne werden, also drei Krieger und nicht Töchter – sanft und rührend wie Blumen… Mein lieber Freund, kannst du mir sagen was der Anstoß zum Kampf zwischen den Brüdern sein wird, was sagt dein Wasser?“, Nait deutete mit dem Kinn in Richtung Schale. Tendar betrachtete wieder aufmerksam die schwimmenden Gegenstände und setzte fort:

„Etwas wird auf Kitur passieren, was genau kann ich nicht sagen… aber das jahrhundertealte Bündnis mit den Bewohner dieses Planeten wird zerstört. Dies könnte der Anstoß zum Kampf um den Thron sein.“

„Was soll ich deiner Meinung nach tun?“


Tendar blickte in die Schale, danach auf König Nait:

„Mein König, Ihr werdet mehrere Jahrhunderte unser Volk regieren und Frieden und Ruhe aufrechterhalten. Aber wenn die Zeit gekommen ist, dass Eure Söhne erwachsen und stark genug sind, um Verantwortung nicht nur für unsere Welt, sondern auch für die der Menschen zu übernehmen, solltet Ihr einem Sohn den Thron übergeben und die zwei anderen nach Kitur schicken. Das Aufteilen des Himmels, der Meere und Kontinente von Kitur zwischen den Söhnen ermöglicht es Euch, sie vom Kampf unter sich abzuhalten und dadurch eine Tragödie zu vermeiden.

„Bist du sicher, dass man dadurch einen Krieg unter ihnen verhindern kann?“

„Ja, Eure Majestät. Manchmal kann man die Zukunft ändern.“

„Und wie vermeiden wir die Auflösung des Bündnisses mit den Menschen?“

König Nait schaute sorgenvoll auf seinen alten Freund.

„Die Auflösung des Bündnisses ist nicht zu vermeiden, aber im Anschluss daran wird ein Auserwählter auftreten“, sagte Tendar, während er sich langsam immer tiefer zum Wasser beugte. „Dieser Auserwählte wird in der Lage sein, das Unglück zu vermeiden. Er kann das Bündnis zwischen Atalanta und Kitur wiederherstellen.“

„Ein Auserwählter? Wer ist es?“, fragte Nait aufgeregt.

„Mein König, ich kann Euch nicht sagen, ob es ein Mensch oder ein Drache sein wird, was ich jedoch sehen kann ist, dass er das Herz eines Drachen hat…”


Erben


Nach kurzer Zeit brachte die junge Königin Drillinge zur Welt. Am Nachthimmel erschienen drei neue Sternbilder. Drei schöne, kräftige Drachen – drei Jungen. Einer ein Sinnbild des Herzen, der Andere der Seele und der Dritte des Verstands. Der Erste wurde Mian genannt, der Zweite Lutan und der Dritte Largo. Der König und seine Frau beschlossen, die Reihenfolge der Geburten geheim zu halten, so sollten Streitigkeiten unter den Söhnen darüber wer – um eine Minute – älter sei, vermieden werden. Das gesamte Königreich feierte das große Ereignis, denn nicht jedes Jahrhundert wurden Drillinge geboren und noch dazu Jungen – Thronfolger. Manche jedoch sahen es als ein schlechtes Omen: ein Krieg zwischen den Brüdern um den Thron sei unvermeidlich, dachten sie. Jedoch, solange die Babys wuchsen und stärker wurden war alles ruhig.

Der König umgab seine Söhne mit den besten Lehrern in Astronomie, Geographie, Zauberei, Feuerspeien und weiteren Wissenschaften. Feuerspeien stellte die größte Herausforderung dar, denn junge Drachen neigen dazu, Dinge zu versengen. Einmal verbrannte Largo seinem Bruder Lutan leicht die Quaste seiner Schwanzspitze, aber zum Glück ging alles gut aus.

Nait zeigte seinen Sprösslingen den Besitz und sagte dazu:

„Eines Tages wird das alles euch gehören…“

Überhaupt verwöhnte er sie wie jeder, der erst im Alter Vater geworden ist, während Luna bei aller Liebe und Fürsorge den schelmischen Jungen nichts durchgehen lies. Der Vater machte sie zu starken Kriegern und die Mutter lehrte sie gut erzogen, selbstbeherrscht und galant zu Damen jeden Alters und Standes zu sein und sie erzog sie in der Liebe zum eigenen Volk.

Als die Jungen noch klein waren, erzählte der Vater ihnen viele Legenden über die Heldentaten der Krieger ihres Volkes, die den Frieden zwischen dem Königreich der Drachen und dem Planeten Kitur mit dessen Bewohnern bewacht hatten. Als die Kinder jedoch zu Jugendlichen wurden und ihre Persönlichkeiten, ebenso wie die charakteristischen Muster auf ihren Rücken, immer mehr zu Tage traten, begann der Vater langsam, seine Söhne mit der Tätigkeit der Drachen vertraut zu machen. Nait bemühte sich sehr die Söhne freundlich und einmütig großzuziehen, er wollte, dass nach seinem Tod starke Bindungen zwischen ihnen blieben.

Zu ihre Volljährigkeit bekamen die Brüder endgültig ihre typischen Farben und damit auch ihre Charakterzüge.

Mian hatte ein gutes Herz und war ein sehr ruhiger Junge. Er hatte einen starken Geist, verschonte dabei alle und alles. Vom Charakter her war er ganz der Vater – König Nait. Mians Hauptfarbe war beige, seine hellblauen Augen wie bodenlose Seen. Die Schuppen, mit denen sein ganzer Körper bedeckt war, schienen das Sonnenlicht widerzuspiegeln. Auf seiner Nase hatte Mian zwei kleine Hörner und auf der Stirn einen hellblauen, mit goldener Kante umrahmten Stein. Vom Stein abwärts, den ganzen Rücken hinab, war er in verschiedensten Blauschattierungen gemustert: von ganz dunkel bis ganz hell. Entlang seines ganzen Körpers wuchs ein seidiger Grat, der den Flossen von Kampffischen auf dem Planeten Kitur ähnelte. Unter seinen Augen und auf der Spitze seines Schwanzes hatte er ebenfalls seidige „Flossen“ und an den Seiten seines muskulösen Körpers, waren zwei Flügel ansprechend platziert.

Lutan war kleiner als Mian, aber genauso gut gebaut. Er hatte eine helllila Farbe und grünbraune Augen. Auf seiner Schnauze hatte er ein hellrosa Muster, das von den Nasenlöchern bis zu zwei Hörnern am Scheitel verlief und dabei einen grünen Stein umrandete. Aus den Seiten seines Kopfes ragten lange Ohren heraus. Lutan war ebenso wie sein Bruder Mian mit Schuppen bedeckt, diese erzeugten aber keinen solchen Glanz, sondern gingen von Violett in ein leichtes Rosa über. Seine Flügel waren immer etwas ausgebreitet, als ob er stetig bereit wäre loszufliegen. Die Brust dieses Drachens war heller als sein Rücken und von den Hörner bis zum Schwanz wuchs ihm eine flauschige, rosafarbene Mähne, die mit einer langen Quaste an der Spitze seines Schwanzes endete.

Lutan war ein hoffnungsloser Träumer. Sein Kopf war immer „in den Wolken“, mal betrachtete er eine Blume auf der Wiese, mal beobachtete er wie ein Marienkäfer auf seiner Schnauze herumkrabbelte. Lutan wollte gerne neue, ihm bisher unbekannte Orte besuchen. Er wollte so schnell wie möglich frei werden und sich ohne Aufsicht des Vaters, für weite Strecken vom Schloss und den Wachen entfernen.

Den dritten Bruder – Largo – zeichnete besonders aus, dass er viel nachdachte, manchmal viel zu viel. Ständig dachte er sich etwas aus, überlegte, spielte Dinge durch und plante. Oft waren seine Ideen und Vorschläge eine große Hilfe in den väterlichen Geschäften. Largos Kopf war nicht „in den Wolken" wie der seines Bruders Lutan, er war sehr praktisch veranlagt. Geboren wurde er mit eher hellen Farben, aber mit den Jahren wurden seine Schuppen dunkler und seit seiner Volljährigkeit hatte er die Farbe einer Krähe. Der Körper des dritten Bruders glänzte in der Sonne, als ob seine Schuppen nass wären. Er schillerte blauschwarz und manchmal war es möglich sich in ihm, wie in einem Spiegel zu betrachten. Die Unterseite seines Bauchs bis hin zum Schwanz war hellblau. Im Unterschied zu seinen Brüdern, hatte er einen massiven Nacken und massive Flügel mit Krallen. Seine Ohren liefen in eine Art himbeerfarbene „Flossen“ über, die einen Teil seiner etwas verdrehten Hörner bedeckten. Eine weitere blutrote „Flosse“ wuchs seinen Körper entlang und die dunkle Farbe des Körpers ging, vom Rücken zu den Spitzen der Flügel stufenlos in ein Purpurrot über. Der Stein auf seiner Stirn hatte die gleiche Farbe.

* * *



Am Tag der Volljährigkeit seiner Söhne, veranstaltete König Nait eine fulminante Feier. Alle Vertreter der Drachenwelt kamen auf Schloss Leimader zusammen. Gemessenen Schrittes zog der Drachenadel, in Begleitung seiner Nachkommen und Vasallen, vom Landeplatz vor dem Schloss hin zum Haupttor. Neben dem Tor, wie neben allen Türen standen Wachen. Sie waren ein fester Bestandteil von Leimader und ergänzten durch ihr Auftreten noch mehr die Schönheit des Schlosses.

Alle Wächterdrachen trugen Rüstung. Auf ihren Helmen und ihrer Brust war ein, auf einem Turm sitzender, Drache eingraviert. Jeder Krieger hielt in seiner Hand einen Speer und in der anderen ein fast ovales Schild mit einem Schlitz. Dieses Schild war ein echtes Kunstwerk: mittig war ebenfalls ein Drachen eingeprägt, dieser hielt den heiligen Stein des Lichts.

Das Bild erinnerte an das Wappen, welches auf den Fahnen die

auf den Türmen und am Eingang des Schlosses wehten, zu sehen war. Am Gürtel jedes Kämpfers hing ein Schwert, das aus seltenem Metall von örtlichen Handwerkern geschmiedet worden war. Die Schwerter schimmerten als ob sie magisch wären, ihre geschnitzten Handgriffe trugen eine Beschriftung die Runen ähnelte und ein geordnetes Muster bildete. Und in der Fassung des Handgriffs lag ein Kristall.

Diese Rüstung wurde jeweils von Großvater zu Vater, von Vater zu Sohn vererbt. Gemäß der alten Tradition wurden Wächter aus ein und demselben Klan der Drachen gewählt. Mit Bedacht wurden die stärksten, größten und zähesten ausgesucht. Daher war es immer eine Freude sie anzusehen – sie waren der Stolz von Leimader…

Ebenso wie die Ritter, nahmen auch die Wachen an Turnieren teil und waren fixer Bestandteil der Festzüge, die mehrmals im Jahrhundert zu Ehren der Stadt veranstaltet wurden. Die Wachen gingen immer voran, stolz ihren Schild und Speer präsentierend.


Nico



Nico wurde zwar in eine adlige Familie geboren, aber von Geburt an unterschied er sich völlig von seinen Brüdern und Schwestern. Sie hänselten und beleidigten ihn ständig auf Grund seiner seltsamen Erscheinung. Niemand wusste wieso, aber Nico wuchs einfach nicht weiter (er war in etwa so groß, wie ein mittelgroßer Hund auf dem Planeten Kitur, der sich auf seine


Hinterpfoten stellt). Nicos Hinterpfoten waren sehr groß und stark im Vergleich zu den Vorderpfoten, die sehr klein und kurz waren. Daher waren die Momente wenn sein Rücken juckte, die quälendsten für ihn, denn er musste sich an verschiedene Flächen reiben, um sich kratzen zu können.

Seine lang gedehnte Schnauze mit großen Augen und genauso

großen Vorderzähnen sah lustig aus und ließ ihn wie eine Art Tierchen aussehen, die auf dem Planeten Kitur lebten. Zusammen mit seinen langgezogene Ohren, dem vorgewölbten Bauch, langen Schwanz und seinem Gefieder das nicht ganz ausgebildet war, wurde er zum Gegenstand ständigen Spotts seitens der anderen Kinder. Besonderen Kummer machten ihm seine nicht durchgebrochenen Hörner, denn Hörner sind der größte Stolz eines jeden Drachens. Mann kann nicht sagen, dass Nico wirklich hässlich war, aber seine kreisförmigen, seltsamen Federn machten den kleinen Drachen noch lächerlicher und merkwürdiger. Sogar seine Farbe war nicht so leuchtend wie bei den Anderen – er war braungrau mit einem so undeutlichen Muster, dass es aussah, als ob es Schmutzflecken wären. Nicos schmächtige Flügel hatten die richtige Form und waren so wie bei den anderen Drachen, aber sie waren nicht stark genug, um ihn in die Luft zu heben.

Der kleine Drache litt diesbezüglich sehr und dass seine Schwestern und Brüder ihn auslachten, machte sein Leben noch unerträglicher. Eines Tages, nach einem abermaligen, bösen Streich der Geschwister, riss klein Nico von zu Hause aus.

 

Er streunte durch die Gärten, ernährte sich von Obst und Beeren, fing Frösche und lernte die Welt um ihn herum kennen. Eines Tages, auf einer Wiese inmitten von dichtem Gras liegend, bemerkte Nico, dass auf den Blüten um ihn Bienen saßen, Nektar sammelten und in ihr Nest brachten. Der Geruch von Honig lockte ihn. Seit seiner Kindheit kannte er diesen berauschenden Duft, denn seine Mutter gab ihm Milch mit Honig. Wie hypnotisiert folgte er dem Geruch, ohne auf den Weg zu achten, denn seine Augen waren auf den grauen „Sack“ gerichtet, der von einem dicken Ast hing. Einzig, er wusste nicht wie man Honig erntet.

Er kletterte auf den Kirschbaum und kroch zum Bienennest. Der Ast unter ihm bog sich tiefer und tiefer und als der glücklose Drache fast sein Wunschziel erreichte und den „Sack“ beinahe in den Pfoten hielt, brach der Ast und Nico fiel zusammen mit seiner Beute zu Boden.



Durch die unsanfte Landung erdrückte Nico das Bienenhaus und eine Unmenge wütender Bewohner stürmte hervor. Es bildete sich eine große, bedrohliche Wolke in der Luft, die sich direkt auf den Drachen stürzte. Erst stach ihn eine Biene, dann eine zweite…

Nico lief stolpernd über die Wiese, warf mit Zapfen nach den Bienen, versteckte sich hinter Bäumen und unter deren Wurzeln, aber die kleinen Bienen fanden ihn überall. Um der schrecklichen Horde zu entkommen, warf Nico einen Zweig nach ihnen. Der Bienenschwarm zerfiel für einen Moment, kam aber schnell wieder zusammen und attackierte den Zerstörer ihres Nestes erneut unter lautem Gedröhne. Jedoch gab, die vorübergehende Verwirrung der Bienen, Nico die Möglichkeit fortzulaufen und in ein kleines Gewässer in der Nähe eines Felsens zu springen.

Der glücklose Langfinger saß nun unter Wasser und seine riesigen Augen blickten, wie zwei starre Bälle, durchs Nass auf die Bienen, die darüber kreisten und ihm nun noch schrecklicher

vorkamen. Sie wollten offensichtlich nicht weg fliegen. Nico saß still, bis er fast keine Luft mehr hatte, dann kroch er auf dem Boden zum nächstgelegenen Ufer, dort wuchs Schilf und hohes Gras. Er machte sich aus Schilf ein Röhrchen, mit dessen Hilfe er atmen konnte und blickte sich um, fieberhaft überlegend, wie er nur aus dieser Situation herauskommen könnte. Plötzlich sah Nico unter Wasser eine ziemlich breite Felsspalte. Mit Hilfe seines neuen „Atemgeräts“ nahm er tief Luft, schob sich durch die Felsspalte und tatsächlich, schon bald erreichte er einen trockenen Platz. Er schaute sich um und begriff, dass er in einer kleinen Höhle gelandet war.

Bald stellte er fest, dass es einen weiteren Ausgang gab. Dieser war mit Gebüsch überwuchert und über ihm hing ein Teil eines Hauses. Aber die Höhle war Dank des Gebüschs so gut versteckt, dass niemand auf die Idee gekommen wäre, sie hier zu vermuten.

Auf diesem Weg fand Nico ein neues Zuhause. Auf Honigjagd ging er nicht mehr, er hatte genügend Obst und Beeren. Der kleine Drache war nie auf einer der schwebenden Inseln von Atalanta gewesen, denn er konnte nicht fliegen. Genauer gesagt, er konnte, aber nicht höher als einen Meter und auch das nur wenn er hochsprang. Aber der kleine Nico fand auch so genügend Vergnügungen. Tagelang wanderte er über die große Insel, insbesondere aber liebte er es, wenn in der Stadt ein Fest veranstaltet wurde. Dann bemühte sich der kleinen Drache, ein Versteck zu finden, in dem er von keinem gesehen wurde, denn die einheimischen Kinder hätten ihn nur wieder ausgelacht. Aus einem solchen Versteck beobachtete er dann alles was sich in der Stadt abspielte.

In der Zwischenzeit stahl sich Nico immer öfter in das Haus über seiner Höhle. Er stibitzte von den dortigen Tischen alles Mögliche: Löffel, Gabeln, Messer, verschiedenen Knöpfe, Haarklammern. Kurz gesagt alles was in seine, nicht besonders großen Pfoten passte. Eines Tages schlich er sich durch einen Flur ein und sah eine Rüstung durch die geöffnete Tür des Herrenzimmers. Diese war so blank geputzt, dass es möglich war, seine Zahnfüllungen darin zu betrachten, nur falls man welche hatte natürlich.

Nico erlag der Versuchung. Er kroch in das Panzerhemd, setzte die Blechhaube auf seinen Kopf, nahm ganz nebenbei ein Schwert, dessen Handgriff mit funkelnden Edelsteinen verziert war und schleppte sich mit all diesen Gegenständen Richtung Zuhause. Mit unglaublicher Mühe schlich sich der Abenteurer, die ganze Last auf seinen schmächtigen Schultern, zu einer Wendeltreppe. Als er bereits einige Stufen geschafft hatte steckte plötzlich das Schwert fest und Nico, der den Griff festhielt, hing daran. Nico schaute hoch und sah einen riesigen Fuß auf der flachen Klinge des Schwertes stehen, das nun waagerecht festsaß, weshalb Nico über den Stufen hing.

Der Herr des Hauses hatte den Langfinger auf frischer Tat erwischt und sah nun, die Fäuste in die Hüften gestemmt, finster und mürrisch auf den glücklosen Drachen herab. Nico lies vor Angst das Schwert los und rollte Hals über Kopf die Treppe hinunter. Die Unmengen an Metall die Nico umgaben, machten so einen Krach, dass das ganze Haus in Aufruhr geriet. Als er endlich bis zum Boden hinunter gekullert war, wand sich Nico aus der Rüstung heraus, wartete bis er aufhörte Sterne zu sehen und suchte, langsam zur Besinnung kommend, das Weite. Er lief über Flure, stürzte auf eine Terrasse, schlüpfte zwischen den figürlichen Balustern des Geländers hindurch und klammerte sich an die Zweige und Wurzeln der Pflanzen. Lange Zeit wurde im ganzen Haus nach ihm gesucht und von den Balkonen nach ihm Ausschau gehalten, aber es gelang dem Drachen über die Zweige zu seinem Versteck hinunter zu klettern und nach diesem Vorfall ging er nicht mehr ins Haus.

Nico war kein böser oder gieriger Drache, er hatte einfach von klein auf eine Schwäche für alles was glänzt. Er verstand selbst nicht warum, aber der Besitz dieser Dinge machte ihn glücklich. Vielleicht war es das Empfinden etwas Besonderes tun zu können. Wirkte es so auf ihn? Nein, wohl eher gab es ihm ein aufregendes Gefühl der Gefahr, mit dem er versuchte den Mangel an Liebe und Aufmerksamkeit seitens seiner Familie zu ersetzen. Er hatte den Eindruck auf diese Weise allen zeigen zu können, wie tapfer er ist und dass sie ihn nun endlich bemerken würden und dem kleinen unglücklichen Drachen die Aufmerksamkeit schenken würden, die ihm so sehr fehlte. Und so schleppte Nico ständig, alles Glänzende das er finden konnte, in seine klitzekleine Höhle am Rande der größten Stadt der Insel. Die Besitzer des Hauses, hatten nicht den Schimmer einer Ahnung, dass es unten im Felsen eine Höhle gab, in der sich Vorräte aller Art, wie Steine, Metall, Knöpfe, Haarklammern und Besteck türmten.


***


Als der König, anlässlich des Zweihundertsten Geburtstages seiner Söhne einen Ball gab, schaffte es Nico, sich in den Empfang hinein zu schmuggeln. Es kostete ihn unglaubliche Kräfte, aber er wünschte sich so sehr zu sehen was dort stattfand.

Den kleinen Drachen hatte schon immer der Glanz und Glimmer angezogen der ihn umgeben hatte, wenn er mit seiner Familie königliche Feste besucht hatte. Aber jetzt, wo er von zu Hause weg war, hatte er keine Möglichkeit mehr an so einem Fest teilzunehmen.

Er wusste, dass die Teilnehmer des Festes viele glänzende Schmuckstücke tragen würden und das gab Nico keine Ruhe.

Auf Schloss Leimader war der gesamte Hochadel im Anflug und dem kleinen Abenteurer kam die Idee, unter die Kleidung einer eben gelandeten Dame zu kriechen. Die Dame war eine der Ältesten und trug Mode nach der alten Art – einen sehr dichten und langen Überwurf, der sowohl den durch ihr Alter hängenden Bauch, als auch ihren Rücken und Schwanz bedeckte. Nico machte sich diese Möglichkeit zunutze und da er nicht groß war hatte er gerade genug Platz zwischen den riesigen Falten des dichten Überwurfs. Das einzig Störende waren seine Federn, diese kitzelten die alte Dame und sie hüpfte und kicherte die ganze Zeit, aber der Hofzwang erlaubte ihr es nicht, sich zu kratzen. So gelang es Nico, ohne Vorkommnisse in das Schloss vorzudringen.

Die Gäste traten durch das Haupttor ein und vor ihnen öffnete sich eine Phalanx vergoldeter Türen, eine nach der anderen führte tiefer in das Schloss hinein. Die letzte Tür führte in einen riesigen Saal mit Säulen bis zur Decke. Die Decke dieses Saals war durchsichtig und öffnete sich wie in einem Planetarium.


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